Alles in Einem: Das Potenzial von SuperApps für Versicherer

In ganz Asien haben sich SuperApps in den letzten zehn Jahren stark verbreitet, weil sie mit dem täglichen Leben und den Bedürfnissen von Menschen und Unternehmen verwoben sind. Viele von ihnen begannen als Messaging- und Social-Media-Apps und entwickelten sich dann zu Plattformen, die es den Nutzern ermöglichten, eine Mitfahrgelegenheit zu bestellen, Lebensmittel zu ordern, die Restaurantrechnung mit Freunden zu teilen - und sogar Bank- und Finanzdienstleistungen wie Versicherungen, Investitionen und Geldüberweisungen anzubieten.

Anstatt eine Vielzahl einzelner Apps herunterzuladen, haben sich SuperApp-Nutzer daran gewöhnt, alles, was sie brauchen, an einem Ort zu finden. Karsten Schmitt, Head of Business Development beim deutschen IT-Beratungsunternehmen Adesso, erklärt: "SuperApps sind Plattformen, auf denen viele Einzelanwendungen oder Microservices unter einem Dach verfügbar sind - wie auf einem großen Marktplatz. Wo man sonst vielleicht eine Taxi-App, eine Bezahl-App und eine Fitness-App auf seinem Smartphone hat, gibt es bei SuperApps nur eine. Der Vorteil, dass alle Dienste auf einer Plattform verfügbar sind, ist, dass alle Funktionen miteinander verbunden sind. Wenn ich also etwas in einer Mikro-App tue, wissen die anderen auch davon, was bedeutet, dass mehr - und intelligentere - Daten zur Verfügung stehen, die den Nutzern am besten dienen können."

Während sich SuperApps im Westen noch nicht so stark verbreitet haben, hat die Covid-19-Pandemie einen Großteil unserer Welt ins Internet verlagert. Sie führte zu einem sprunghaften Anstieg des elektronischen Handels und der digitalisierten Dienstleistungen - die Verbraucher gewöhnten sich daran, online einzukaufen, ihre Rechnungen zu bezahlen, Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen und Fahrdienste in Anspruch zu nehmen - und stärkte die Argumente für Apps, die all diese Aufgaben erfüllen können.

Potenzial für Versicherer

Beliebte Verbraucher-Apps in Nordamerika und Europa haben begonnen, über ihre Kerndienste hinaus zu expandieren: Große Fahrdienst-Apps bieten inzwischen neben Gesundheitsdiensten auch Marktplätze für Lebensmittel, Kleidung und Haushaltswaren an. Zahlungsanbieter konsolidieren Zahlungs- und Einkaufsdienste auf einer Plattform. Das in London ansässige Unternehmen Revolut - am besten bekannt als digitale Bank und digitales Kreditkarten-Startup - verfolgt einen ähnlichen Weg.

Die Vision von Revolut ist es, "eine One-Stop-App für alles, was mit Geld zu tun hat, zu werden, angetrieben durch unsere SuperApp", sagt Wiktor Stopa, Head of Growth, Western Europe, bei Revolut. Auf Finanzen fokussierte Anbieter wie Revolut könnten einen Vorteil haben, weil Zahlungsdienste das Herzstück jeder All-in-One-Plattform sind. Wie Schmitt von Adesso erklärt: "Ohne eine Zahlungsfunktion gäbe es keine SuperApp. Sie ist die Grundlage für alles, was Kunden digital und schnell erledigen wollen, und sie ist die Art und Weise, wie Anbieter von Mikrodiensten Geld verdienen."

Laut Schmitt spielen SuperApps auch eine wichtige Rolle als "neuer Vertriebskanal für Versicherer und Insurtechs." Das Hauptgeschäft von Revolut sind Bankdienstleistungen für Privat- und Geschäftskunden - von Zahlungsdiensten und Kreditkarten bis hin zu Währungsumtausch und Versicherungen. Das Unternehmen arbeitet mit Versicherern zusammen, um einzigartige, auf seine Nutzer zugeschnittene Produkte anzubieten. So hat Revolut beispielsweise gemeinsam mit einem in Belgien ansässigen Insurtech-Unternehmen eine Reiseversicherung entwickelt, die es den Kunden ermöglicht, ihre Reise aus beliebigen Gründen zu stornieren und 70 bis 100 % ihrer Zahlung zurückzuerhalten. Die Versicherungsangebote von Revolut sind mit den Kreditkartenplänen des Unternehmens gebündelt und so gestaltet, dass sie leicht zugänglich sind. Sie umfassen Versicherungsschutz für die Stornierung von Veranstaltungen, Reisen und Ausflügen, Mietwagen, Wintersport, Kauf- und Rückerstattungsgarantien sowie Haftpflicht.

Für Versicherer liegt das Versprechen in den Unmengen von Kundendaten, die SuperApps liefern, die wertvolle Einblicke in die Gewohnheiten und Bedürfnisse der Verbraucher bieten. Schmitt sagt, dass SuperApps, die die Bewegungs- und Einkaufsgewohnheiten der Kunden aufzeichnen, den Versicherern Echtzeitdaten liefern könnten, die es ihnen ermöglichen, ihre Policen zu verbessern - zum Beispiel eine verlängerte Garantie für einen Kunden anzubieten, der gerade ein neues Produkt gekauft hat.

Die Zukunft der SuperApps im Westen

Für Fintech-Plattformen, die sich zu einer SuperApp entwickeln wollen, ist es wichtig, neue Technologien zu nutzen, um neue Wege der Kundenbetreuung zu finden. Revolut hat kürzlich einen automatisierten Robo-Advisor auf den Markt gebracht, mit dem Kunden in wenigen Minuten ein Aktienportfolio zusammenstellen können.

Das Unternehmen beobachtet auch SuperApps in anderen Regionen, einschließlich Asien, die in der Lage waren, groß angelegte, funktionale Ökosysteme zu entwickeln. "Es gibt viele Dinge, von denen man sich inspirieren lassen kann", erklärt Stopa, "in Bezug auf ihre Datennutzung, die Integration sozialer Tools, Wachstumsstrategien und mehr."

Zusammenfassend hat Karsten Schmitt keinen Zweifel: "Der Markt für SuperApps existiert. Und Big Data und Smart Data sind die Eintrittskarten in diese Welt."